Beschreibung
Jacqueline Biscontin Lalande, mit Beiträgen von Catherine Monbeig Goguel und Ariane de la Chapelle
Die vorliegende Studie präsentiert 59 Zeichnungsblätter, die im département des Arts graphique du Musée du Louvre unter der Inv. 954 bis 1011 (z. T. recto und verso) aufbewahrt werden.
Die Autorinnen verorten die Entstehung der Zeichnungen im Umfeld der Accademia del Disegno, Giorgio Vasaris und besonders Don Vincenzio Borghinis und seiner Scuola dell’Ospedale. Sie identifizieren das Skizzenbuch als „borghinische“ Serie, die aus den feuilles de mémoire hervorgegangen ist und ein glaubwürdiges und reales Zeugnis des Ideals darstellt, das der luogotenente der Zeichnung zugeschrieben hatte: das des mantenere la memoria.
Das heute aufgelöste carnet des Filippo Baldinucci war lange Zeit Jacopo da Pontormo zugeschrieben. C. Monbeig Goguel korrigierte ihre eigene Zuschreibung an Jacopo Zucchi (1972) zugunsten von Sebastiano Vini (1992) – eine These, die Monbeig Goguel in ihrem Beitrag zu diesem Buch weiterentwickelt. Das Skizzenbuch wird in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts datiert. Die technischen Untersuchungen von A. de la Chapelle bestätigen die toskanisch-florentinische Herkunft und Einheit als Skizzenbuch.
Das gesamte Zeichnungskonvolut besteht aus Kopien. J. Biscontin identifiziert in ihrem detaillierten Katalog der Zeichnungen erstmals die dargestellten Motive (antike und moderne): die Bandbreite reicht von überwiegend ornamentalen Sujets über Figürliches bis hin zu Architektur. Nahezu alle Motive, insgesamt 265, wurden identifiziert. Verbindungen zwischen den Zeichnungen des carnet und denjenigen anderer Sammlungen können u. a. für die Codices OZ 111 in Berlin, Zichy in Budapest, Barberini im Vatikan, Escurialensis, Destailleur-Polofzoff A und B, für das Libro in Lille und den Codex Camporiano festgestellt werden. Weitere Beziehungen zu verstreuten Blättern, wie die bedeutenden Zeichnungen der Uffizien, werden ebenfalls deutlich.
Der Vergleich all dieser Quellen und das Schicksal des carnet du Louvre in den Kreisen von Cigoli, Pereisc und Cassiano dal Pozzo belegen die besondere Stellung dieser Zeichnungen innerhalb des Austausches von Formen und mannigfaltigen Informationen zwischen Florenz, Rom und Siena sowie – in einem geringeren Maß – der Region um Padua.