Am Sonntag, den 10. Oktober wurde im Winckelmann-Museum um 15 Uhr die neue Sonderausstellung Astrid Weichelt: Stein zu Papier. Funde und Fragmente in Abformungen eröffnet.
Nach einer Begrüßung durch Museumsdirektorin Dr. Stephanie-Gerrit Bruer und anschließender Einführung in die Ausstellung durch Kuratorin Dr. Kathrin Schade bei sonnigem Wetter im Götterzelt des Winckelmannparks konnten die Besucher in mehreren Gruppen die Ausstellung besuchen. Dr. Kathrin Schade und die Berliner Künstlerin Astrid Weichelt führten durch die Räume.
Das Werk von Astrid Weichelt überrascht gleich auf dreifache Weise. Zum einen ist es das Material – flaches Büttenpapier – aus dem sie dreidimensionale Bildgeschöpfe formt. Zum zweiten unterliegen ihren Geschöpfen reale Relikte vergangener Kulturen, etwa Fragmente historischer Architektur oder Bruchstücke antiker Plastik, oft auch Büsten bekannter Persönlichkeiten. Zum dritten – und hier vollzieht sich der eigentliche kreative Akt künstlerischer Imagination – werden die originalen Fragmente in der Abformung ihres ursprünglichen Zwecks entzogen und ergeben völlig neue Sinnzusammenhänge.
Viele von Astrid Weichelts Arbeiten enthalten bemerkenswerte Bezüge zu Johann Joachim Winckelmann und zur Archäologie: Als Gegenstand wählt sie oft Fragmente aus Gebäuden des 18. und 19. Jahrhunderts in Berlin und Brandenburg – den Epochen des späten Barock und des Klassizismus. Der Rokoko-Stil umgab Winckelmann zu Lebzeit und bewegte ihn zur kritischen Wertung, womit er die Ästhetik des Klassizismus für das Folgejahrhundert vorgedacht hat. Außerdem ist die Antike in Frau Weichelts Werken durch Wesen der griechisch-römischen Mythologie sehr präsent: Götter, Musen oder die tragische Gestalt der Medusa. Und ein weiterer, rein technischer Aspekt koppelt die Arbeitsweise der Künstlerin ganz unmittelbar an die Archäologie: die Abformung des originalen Fragments unter Einsatz von feuchten Papierbögen, die nach Trocknung das Abbild des Originals aufzeigen. Dies entspricht exakt der wissenschaftlichen Methode des Abklatsches in der epigraphisch-archäologischen Dokumentation.
Ihre Abformungen arrangiert Astrid Weichelt dann in Installationen, Wandbildern oder als Einzelobjekte. Durch diese Transformation entstehen ästhetisch reizvolle Figurationen mit überraschenden Wahrnehmungsperspektiven für den Betrachter. Die meist ironisch und zugleich nachdenklich stimmenden Assemblagen sensibilisieren, wecken Erinnerungen an längst Vergangenes und halten uns die Fragilität unseres Seins, die Endlichkeit von Gewohntem und die Vergänglichkeit von Ruhm vor Augen.